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Freitag, 11 November 2022 13:51

Ein Sofa ist ein Sofa ist ein Sofa

Sofas Sofas pixabay

Früher, in den viel gerühmten und vielleicht auch gleichzeitig mancherorts gern geschmähten „guten alten Zeiten” war das Leben doch wohl wahrscheinlich um einiges einfacher.

 

Das Wörterbuch enthielt viel weniger an Wortmaterial, die Fabrik viel weniger an Produktionsmaterial. Jedes kleine Kind wußte, was die Eltern so beruflich und in ihrer Freizeit trieben, die Eltern wußten aber ihrerseits auch viel genauer, was ihre kleinen Lieblinge in Kindergarten, Schule und danach erlebten. Das ganze Leben war wohl überschaubarer und berechenbarer als heutzutage.

Ecksofas gehen mindestens um eine Ecke

Im Mathematikunterricht haben wir gelernt, die Welt durch die mathematische Brille anzuschauen. Auch in der binären Welt des Computers werden die Dinge eben nur vereinfacht dargestellt. Ein normales Sofa besteht dann nur aus geraden Linien, ein Ecksofa sowieso. Die einen Leute sehen in einem Ecksofa hauptsächlich dieses eine Eck in seiner Mitte, diese Stelle, an der ersichtlich wird, daß hier zwei Dinge aneinanderstoßen, zusammengefügt sind, miteinander verwachsen. Die anderen Leute hingegen betonen mit der allergrößten Bestimmtheit und Siegesgewißheit, daß Ecksofas ihren ehrenwerten Namen daher erhalten haben, daß sie in Ecken aufgestellt und plaziert werden. Beide Bewertungen sind natürlich berechtigt und angemessen. Wie bei vielen anderen Dingen im Leben kommt es auch bei dieser Angelegenheit auf die Perspektive, auf den persönlichen Standpunkt an. Eines ist jedoch sicher: Oft werden Ecksofas in Zimmerecken, Wandnischen oder Dachschrägen bugsiert. Auf diese Weise werden architektonische Gegebenheiten in unseren Räumlichkeiten wahrgenommen und entsprechend ausgenützt, teilweise auch dazu, um besondere Spezialeffekte zu erzielen. Wenn zum Beispiel (von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet) menschliche Beine aus einer Nische hervorragen.

Gegen ein gutes Ledersofa wird nie vom Leder gezogen

Heutzutage ist Tierleder nicht mehr das einzig mögliche. In der Zwischenzeit wird allenthalben auch schon munter Kunstleder produziert und an den möglichsten und unmöglichsten Orten appliziert und eingesetzt. Sofas sind von dieser Entwicklung ebenso betroffen wie Kleidung. Daran sollte man denken, wenn man sich mit dieser Materie eingehender befassen will. Ist es ein Zufall, daß die meisten Sofas zur Zeit grau oder schwarz sind? Kann es ein Zufall sein, daß in der Sofagaußkurve die meisten Sofas drei Sitzplätze aufweisen, an zweiter und dritter Stelle vier und fünf Sitzplätze, sodann zwei und zweieinhalb? Das mit rosa Stoff überzogene Sofa Ghost kostet knapp unter 300 Franken, seine Sitzfläche ist aus Schaum und Leder aufgebaut, es enthält keinen Aufräumkasten. Das Gesamtgewicht der Verpackung (eigentlich: des Pakets) beträgt 42 Kilogramm, die Abmessungen 30 Zentimeter (Höhe), 197 Zentimeter (Länge), 123 Zentimeter (Breite). Innerhalb von sieben bis zehn Tagen kann auf Wunsch des Kunden hin das Paket zugestellt werden, dafür wird eine Transportgebühr von 80 Franken berechnet. Alternativ kann das gute Stück auch persönlich vom Kunden in einem von achtzehn stationären Geschäften, z.B. in Winterthur oder Solothurn, abgeholt werden.

Stoffsofas sind manchmal der Stoff, aus dem die Träume sind

Eine Garantieverlängerung ist für vergleichsweise bescheidene 39 Franken erhältlich. Das kann sich auszahlen, wenn man nicht zur Hingucker-, Konsumptions- und Wegwerfgesellschaft gehören, sondern länger mit seinem bewußt erworbenen Möbelstück auskommen will. Die Umwelt wird es dankend zur Kenntnis nehmen, daß Ressourcen nicht vergeudet werden und Kindern kein schlechtes Vorbild geboten wird, daß sie dann als Erwachsene selbst vervielfältigen werden.